Anruf aus dem Kosmos

Ich saß so da auf meinem ergonomischen Hocker, auf dessen Sitzfläche ich mir wie die Krone eines Baumes vorkam und die Frucht einer Pflanze, und bemerkte, dass ich im Grunde meines Herzens auf eine Nachricht wartete. Via Brief, Email oder Telefonanruf; in dem mir berichtet werden würde, dass alles gut geworden war und dass ich mich um nichts mehr bemühen und Anstrengungen nachgehen musste, alles sei nach meinen Wünschen geregelt und der Weltbestand hätte seinen Ausgleich erreicht, das gleichwertige und verteilte Glück eine atembare Dosis, die jeder beliebig einatmen und im Innersten verstehen und anwenden konnte.


Dieser Anruf hing sozusagen in der Luft und ich sehnte ihn herbei, obwohl es möglicherweise noch tausende Jahre andauern würde, bis er tatsächlich kam, als einfaches telepathisches Gefühl in einer Sommerbrise, wo kaum noch jemand sich an Telefonleitungen überhaupt erinnern konnte. In dieser Größenordnung wurde ich wehmütig, meine eigene Größe auf die eines winzigen Partikelzahnrads zurechtgerückt, als ein Geist im Universum, der sich in einen Körper mehr oder weniger verirrt hatte und sich nicht darin zurechtfand, ihn gelegentlich sogar einfach herumstehen und verstauben ließ, während er selbst die kosmischen Weiten abfliegen wollte um sich Übersicht zu verschaffen und möglicherweise auf eine greifende Idee zu stoßen, die so klein und unscheinbar war, sich aber in weiter Entfernung großartig auswirken würde.


Eine Träne rann mir über die Wange. Mein Herz konnte tatsächlich über weite Strecken telefonieren und einen afrikanischen Ureinwohner nach seinem eingewachsenen Zehennagel fragen, oder eine einsame Riesenkrake nach dem Verlustschmerz einer Tentakel im Kampf mit einem Pottwal. Diese gewaltigen Rangeleien und kräftigen Umarmungen, die sich im Weltenbild abspielten, für jede ein Antennensignal an alle anderen irdischen Wesen, war das notwendig oder wichtig?


Der gestrickte Wollkragen für unseren Sohn wurde fertig. Meine Frau hatte ein paar Tage nebenbei daran gearbeitet. Nun stülpte sie ihn ihm einfach über und er hüpfte seelig und belustigt durch das Wohnzimmer. Erleichterung breitete sich aus und der Wunsch nach dem Anruf verlor an Kraft. Eine kleine Nachricht war eingetroffen, und ich hatte sie dankend bemerkt, unterschrieb sozusagen die Quittung und sank in den bequemeren Stuhl am Fenster.